»Über wie viele Grenzen muss ein Mensch gehen, um nachhause zu kommen?« Diese Frage stand für die aus Lima stammende und mehrfach ausgezeichnete Illustratorin und Malerin Issa Watanabe am Beginn ihrer Arbeit an dem Kinderbuch »Flucht«, das im Hanser Verlag erschienen ist und welches sie jetzt im Instituto Cervantes vorstellt. »Meine allererste Zeichnung fertigte ich an, als ich eine Reihe von Bildern des Fotografen Magnus Wennman gesehen hatte. Auf ihnen waren syrische Kinder zu sehen, die mitten im Wald in provisorischen Unterkünften schliefen. Die Gesichter der Kinder zeigten nicht nur ihre tiefe Trauer, sondern spiegelten auch ihre furchtbare Angst wider. Sie hatten ihr Zuhause verloren, hatten die Abscheulichkeiten des Krieges miterlebt und litten unter extremer Armut. Sie hatten auf die schlimmstmögliche Art und Weise erfahren, was es bedeutete, Eltern oder Geschwister zu verlieren. Für sie gibt es keinen Trost.«
Was kann man tun? Issa Watanabe tat das, was sie am besten kann, damit diese humanitäre Tragödie nicht vergessen wird – und die ständig an vielen Orten der Welt neu durchlebt werden muss. Sie zeichnet und malt. In eine allegorische Darstellung übersetzt, zieht ein langer bunter Zug einer zusammengetriebenen Gemeinschaft durch eine komplett leere, schwarze Landschaft, in der keiner ausgeschlossen wird, auch der Tod nicht, der sich ihnen anschließt. Sie laufen, schwimmen, sie werden getragen, sorgen füreinander. Die rührende Parade der Tukane, Nashörner, Giraffen, Schweine und Hasen bewegt sich aufrecht und zielstrebig ihrem Schicksal entgegen, das sie eine Wüste nach der anderen suchend durchqueren lässt. Und so symbolisieren diese Bilder ganz ohne Worte Mitgefühl und schlussendlich auch Zuversicht. Im Instituto Cervantes werden die 30 Reproduktionen der Bilder durch neue Arbeiten und Poster der Künstlerin ergänzt.