Eine Ausstellung über die deutschen Produktionen der letzten zwanzig Jahre, eine Rückschau, die auch eine Perspektive für die Zukunft enthalten soll. Eine Ausstellung, in der sich Kunst und Kommerz treffen sollen, was in Deutschland traditionell schwierig ist.
Da hätte der unvoreingenommene Blick der beiden Kuratorinnen Antonia Jungwirth und Eva Hielscher helfen können, doch schon die Wand mit dem Plakat des in jedem Jahr erfolgreichsten Films bestätigt Vorurteile. Nur ein Film, »Good Bye Lenin!«, der Boxoffice-Hit von 2003, könnte auch in meine persönliche Bestenliste kommen.
Dass im Lauf der Zeit das Niveau der erfolgreichsten Komödien gesunken ist und immer mehr Familienfilme den ersten Kinokassen-Platz erobert haben, spricht für zwei Entwicklungen unter den Kinobesuchern. Zum einen bleiben mehr anspruchsvolle Filmfans zu Hause und nutzen Netflix & Co, zum anderen ist für Kinder ein Kinobesuch immer noch ein Erlebnis, für das die Eltern auch ordentlich zu bezahlen bereit sind.
Die Verantwortlichen haben eine vielfältige Auswahl getroffen, mit Filmen, an die man sich gerne erinnert wie z.B. »Oh Boy« mit Tom Schilling, Fatih Akins »Gegen die Wand« mit Sibel Kekilli – der Goldene Bär von 2004, den es gab, ist ausgestellt – und »Die innere Sicherheit« von Christian Petzold.
Dazu kommen die unvermeidlichen jüngeren Erfolge wie Nora Fingerscheidts »Systemsprenger«, Maren Ades»Toni Erdmann« – das Kleid, das Sandra Hüller ausgezogen hat, liegt in einer Vitrine – und Ilker Cataks »Das Lehrerzimmer« sowie die mit dem ausgestellten Oscar ausgezeichnete Neuverfilmung von »Im Westen nichts Neues« von Edward Berger.
Von den älteren Erfolgen sind u.a. Caroline Links Drehbuch zu dem Oscar-prämierten »Nigendwo in Afrika«, der Reklame-Schriftzug von Akins »Soul Kitchen«, die Fußballschuhe aus »Das Wunder von Bern« von Sönke Wortmann zu sehen.
Dazu haben sich interessante Außenseiter wie »Mein Ende. Dein Anfang.« von Mariko Minoguchi, »The Ordinaries« von Sophie Linnenbaum und der absolute Independent »Dicke Mädchen« von Axel Ranisch gesellt, der beim Pressetermin mit lustigen und auch bitteren Anekdoten aufwartete.
Wie immer bei solchen Ausstellungen gibt es auch Filme, die ich vermisst habe: die großartige Komödie »3 Zimmer/Küche/Bad« von Dietrich Brüggemann, von Andreas Dresen »Sommer vorm Balkon« (statt der seiner öden Seniorenromanze »Wolke 9«) und die in jeder Beziehung überragende Tragikomödie »In Zeiten des abnehmenden Lichts« von Matti Geschonneck. Bei dem letztgenannten Film, der wie der vorherige nach einem Drehbuch des hoffentlich noch nicht vergessenen Wolfgang Kohlhaase entstanden ist, fällt auf, dass die Spur, die die Wiedervereinigung auch im 21. Jahrhundert hinterlassen hat, keine Erwähnung findet. So ist »Neue Stimmen« eine typisch westdeutsche Ausstellung geworden.
»Neue Stimmen. Deutsches Kino seit 2000« im DFF
