Staatstheater Mainz zeigt »Magic Town«

Ruf und Versprechen seien in ihrem Namen vereint, heißt es in der Stückentwicklung »Magic Town – Ein Leben nach dem Durchschnitt« auf der U17-Bühne des Mainzer Staatstheaters über die pfälzische Kleinstadt Haßloch. Es bleibt freilich im Dunkeln, was die Regisseurin und Autorin dieses kleinen als Collage präsentierten Werks, Hannah Frauenrath, uns damit genau sagen will. Auch wenn ihre ohne Umlaut auszusprechenden Bewohner mehr als drei Dekaden als Prototypen des guten deutschen Geschmacks fungierten, heißt das nicht, dass für die so unglücklich getaufte Gemeinde zwischen Rhein und Weinstraße im Landkreis Bad Dürkheim Nomen zu Omen geworden wäre. Von 1986 bis 2021 war Haßloch nämlich als »Magic Town« der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gelabelt. So heißen die Orte, die soziographisch den Durchschnitt ihres Landes widerspiegeln und deshalb als Testmärkte für neue Produkte und Werbestrategien dienen. Kein Lebensmittelkonzern, der sich hier nicht schon versuchte. If you can make it there, you make it anywhere, ließe sich mit Frank Sinatra produkttechnisch über Haßloch sagen. Der Song hätte jedenfalls gut in die mit Gag- und Song-Einlagen gepfropfte Spaßschau gepasst.
»Ein Leben nach dem Durchschnitt«, so ihr Beititel, hat sich in Frauenraths gemeinsam mit dem Ensemble entwickeltem Plot ein jugendlich wirkendes Schwulenpärchen in Pullovern zum Ziel erklärt, das sich in Berlin einfach nie heimisch fühlen konnte. In ihrer überdurchschnittlich durchschnittlichen Wahlheimat finden sich die pullunderbewehrten Hauptstadtemigranten trotz ihrer sexuellen Präferenzen ohne Mühe ins geordnete kleinstädtische Leben ein. Der eine wird Mitglied im Fußballverein, der andere ein selbiges bei den Landfrauen (Publikum lacht), gemeinsam aber lernen sie im Supermarkt Produkte kennen, die der deutsche Konsument noch gar nicht kennt und mitunter nie kennenlernen wird, wie den mit eingestreutem Live-Jingle gepriesenen Apfelstrudel aus der Tube oder das Bier mit Bacongeschmack.
Das vor zwei Einfamilienhäuschen und Schönwetterkulisse platzierte Szenenmosaik, wird von Katharina Uhland und Johannes Schmidt als Durchschnittshaßlochern sowie Carl Grübel und Lennart Klappstein als zugezogene Möchtegern-Averager mit Routine und sichtlichem Spaß auch am Klamauk umgesetzt. Nur das Improtheater-Mitmachspiel hätte man sich sparen können. Dafür wird es berührend, wenn Uhland und Schmidt ihr ganz gewöhnliches Leben im Mittelmaß Revue passieren lassen und dabei nicht auslassen, dass sich selbst der schnöde Tod im buchstäblichen Sinn »ermitteln« lässt. Dabei bleibt es dann auch in kompakt servierten heiteren sechzig Minuten Unterhaltung.

Winnie Geipert / Foto: © Andreas Etter
Termine: 3., 26. Februar 2025, 20 Uhr
www.staatstheater-mainz.com

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