Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll: Mit der Geschichte der Starken Stücke, die 1994 rund um das Theaterhaus Frankfurt mit 21 Vorstellungen beginnt und nun 130 zählt? Mit den inzwischen 36 Spielstätten in 23 Orten der KulturRegion FrankfurtRheinMain von Walluf im Osten bis nach Aschaffenburg im Westen und von Friedberg im Norden bis nach Darmstadt im Süden? Na dann doch am besten mit dem, was das 30. Internationale Theaterfestival für junges Publikum zum Jubiläum bietet: 18 starke Stücke mit Erzähl-, Tanz- und Objekttheater, Artistik sowie interaktiven Performances aus acht Ländern (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Norwegen, der Schweiz, Spanien) für jedes Alter von zwei Jahren aufwärts.
Den – offiziellen – Auftakt bestreitet am 20. Februar im Bürgerhaus Dreieich die aus Toulouse anreisende Gruppe »La Mob à Sisyphe« für Kinder ab sechs Jahren mit dem phantastischen »Huitième Jour« (Der achte Tag). Der Titel spielt auf jenen Tag an, an dem eigentlich nichts mehr zu tun, ja nicht einmal mehr auszuruhen ist, was bekanntlich am siebten zu geschehen hat. Langeweile pur also für drei Darsteller, die diese mit kleinen neckischen Spielchen zu vertreiben suchen und dabei völlig ungewollt von einer Katastrophe in die nächste schlittern – in ein begeisterndes Chaos aus Jonglage, Akrobatik und Slapsticks. Am 20., 21., 22. Februar sind die französischen Zirkusartisten im Bürgerhaus zu sehen, leider, leider immer nur dort.
Sehr viel öfter und gleich in acht verschiedenen Orten tritt das Theater Couturier aus Berlin für Kinder ab zwei Jahren mit seiner Produktion »Klangfäden« auf: ein magisches Spiel, das fast ohne Worte, aber nicht ohne Laute aus Fäden und Formen Musik entstehen lässt. Klar, dass sich bei der notwendig begrenzten Zahl von Plätzen die begleitenden Großen zeitig um Karten kümmern müssen.
Ohne Sprache und ohne viel Worte kommen auch das Ensemble »BonteHond« aus den Niederlanden und die Straßburger Gruppe »La Companie s’apelle reviens« aus. Ersteres geht für Kinder ab drei Jahren in Darmstadt, Dreieich und dem Bockenheimer Titania mit »Superslow« mit einer theatralischen Hip-Hop-Performance aus Klang, Licht, Farbe und Bewegung auf Entdeckungsreise (25.–29.2.). Letztere bringt in Darmstadts Centralstation ihr Stück »À poils«, sprich eine ziemlich »haarige Angelegenheit« auf die Bühne und meint damit nicht nur die finsteren tätowierten Typen, die man schon beim Einlass entdeckt. Dazu eingeladen, ausgerechnet denen beim Aufbau zu helfen, erlebt das Publikum aber wie sich mit der Verwandlung einer zunächst kahlen Umgebung in ein verzotteltes, buntes und sinnliches Universum auch die Jungs wandeln und am Ende als total sympathische Rockmusiker entpuppen.
Im Gallus Theater laden Jan Rozman und Julia Keren Turban mit Jan Kress in deutscher Laut- und Gebärdensprache für taube und hörende Menschen ab 5 Jahren zu einer Art Performance mit Dingen, die denn auch »Dinge dingen« heißt. (29. Februar, 1. März). Eben dort, im Gallus, ist schon eine Woche vorher (24.2.) die außergewöhnlich gewöhnliche »Familie Grrr« des belgischen Ensembles »hetpaleis & De Nwe Tijd« zu Gast, eine skurrile Performance über das Zusammenleben.
Im Frankfurter Theaterhaus (und anderswo) zeigen Ceren Oran & Moving Borders aus München mit »Fliegende Wörter« ein Stück, in dem trotz seines Titels mehr getanzt als gesprochen wird. Als Stammgast der Starken Stücke tritt das Bonner Theater Marabu in Eschborn (20.), im Gallus-Theater (21.) und in Rödermark (22.) auf: Ihre Musikperformance »Splash!« handelt vom Wasser und von unserem Umgang damit.
Mit 16 Vorstellungen – alle im Zoogesellschaftshaus, dem designeierten Frankfurter Kinder- und Jugendtheater – ist »Arcipelago« das meistgespielte Stück des Festivals. In kleine, wie Inseln schwimmende Zelte bittet das italienische Teatro Telaio aus Brescia Kinder ab sieben Jahren, um einen Brief mit einer Frage, den man dort findet, individuell beantworten zu lassen.
Die etwas älteren Jungen und eher Jugendlichen (ab 13) werden wie gehabt ganz besonders in der Jugend-Kultur-Kirche Sankt Peter bedient. In diesem Jahr mit einer Performance der Norwegerin Martijn Joling, die sich in einem akrobatischen Solo mit der Realität virtueller Welten im jungen Alltag auseinandersetzt. (22., 23., 24. Februar)
Im Mousonturm probiert sich die Berliner andcompany&Co. (29. Februar/1., 2. März) mit »Land aller Kinder« an einer humorvollen Adaption des autobiografischen Irmgard-Keun-Romans »Kind aller Länder«, die von Flucht, Emigration und vor allem von der Absurdität von Grenzen handelt.
Rund um die Stücke sind wieder zahlreiche Workshops geplant. Täglich zum Austausch geöffnet im Theaterhaus ist das Festivalcafé, wo man sich während der Besuchszeiten einer aus Berlin von den »Pyromantikern« kommenden phantastischen Installation »Glashaus Miniaturen« widmen kann. Dies und mehr, insbesondere die genauen Orte und Zeiten der Aufführungen gibt es auf der Homepage.