Studio Naxos: »Eleganz aus Reflex« zeigt »Wir liebten nicht alle«

»Listig, skrupellos und ein Freund der Frauen«. Der erste News-Klick auf Google zu Markus Wolf, führt zu einem Artikel des Magazins Spiegel nach dem Tod des Ex-Geheimdienstchefs der DDR im November 2006. Ganz anders nähert sich anlässlich seines 100. Geburtstags nun die Regisseurin Carolin Millner mit ihrem Theaterprojekt »Eleganz aus Reflex« dieser Figur und ihrer Geschichte.
Ihr Stück »Wir liebten nicht alle – die Geschichte der Jahrhundertfamilie Wolf« setzt bei der Begegnung der Eltern von Markus Wolf in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts an und verfolgt den Werdegang der Familie über ausgesuchte Stationen vom Ende der Weimarer Republik, über das Moskauer Exil und die DDR bis hin zur Wiedervereinigung mit einem besonderen Blick auf die beteiligten Frauen und ihr politisches Selbstverständnis. Dabei werden die persönliche Motive und die persönlichen Entscheidungen aller hinterfragt. Nicht nur, was den Geheimdienstchef Markus und seinen Bruder Konrad, den Starregisseur der DDR, angeht, sondern auch mit Blick auf beide Frauen.
»Durch diese weiblichen Stimmen gelingt das intime Porträt einer Familie, in der sich alle als KommunistInnen verstanden haben und in der die Männer, besonders Markus Wolf, über Macht und Gestaltungsspielraum verfügten«, schrieb die taz nach der Uraufführung des Stücks in den Sophiensälen in Berlin. Gespielt werden alle männlichen und weiblichen Rollen ohne feste Zuweisungen von den Schauspielerinnen Lisa Heinrici, Katharina Merschel und Mariann Yar. Ein Theaterstück, so kündigt es die Gruppe an »über vehemente Frauen, ideologische Debatten und den Kosmos einer der einflussreichsten Familien der DDR«. In der Verkehrung eines berühmten Zitats von Erich Mielke sei »Wir liebten nicht alle« der Versuch einer ehrlichen Auseinandersetzung mit der individuellen Verantwortung gegenüber dem politischen System.
Carolin Millners Projekt »Eleganz aus Reflex« übte sich bereits in der fünfteiligen, die Geschichte der DDR in Zehnjahressprüngen verfolgenden Arbeit »Rot oder Tot«, in die Nachsicht sozialer Prozesse in der DDR und ihre vergebenen Möglichkeiten ein. Zuletzt fanden von Eleganz aus Reflex im Studio Naxos die Feuchtwanger-Trilogie »Erfolg« und »The world at large barely moves me«, ein Stück über eine den NS-Staat überdauernde diffizile Künstlerfreundschaft statt.

Foto: © Andre Simonow
Termine: 6., 8. Januar, jeweils 20 Uhr
www.studionaxos.de
www.caromillner.com

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