Theater der Welt: Incubation Pod. Dreaming Worlds im MAK bis zum 16. Juli

Die Produktivität des Traums

Die Herausforderungen der Zeit zu benennen, dazu reicht einem der Atem schon lange nicht mehr aus. Matthias Wagner K, der Leiter des Museums für Angewandte Kunst, probiert es aber trotzdem:  Klimakatastrophe, Flüchtlinge, Kriege, das von Teilen der Bevölkerung unhinterfragte Erstarken autoritärer Regime und Positionen, Konzentration des Reichtums, antisemitische Ausfälle – was kann Kunst in diesem Zusammenhang überhaupt ausrichten?

Man kann es immerhin einmal versuchen. Zum ersten Mal überhaupt ist ein Museum in den Kontext des Festivals „Theater der Welt“ eingebunden, wird Fluidität in den Kunstbegriff eingebracht, in dem starre Sparten-Strukturen immer stärker zerfließen, und so bietet das Museum für Angewandte Kunst, das sich selbst als performatives Haus begreift, bis zum 16. Juli eine Bühne für Installationen, Videokunst, Performances, macht sich selbst zum Zentrum des Geschehens, und das auf eine außergewöhnliche Art und Weise. Programmdirektorin ist die Japanerin Chiaki Soma, die Theater als entgrenzenden Ort begreift und eine weibliche und außereuropäische Perspektive formuliert. Das ist wahrlich kein Geschwafel, bei aller liebenswürdig vorgebrachten Leichtigkeit ihrer Worte. Sie will Veränderung erreichen, das hehrste Ziel, das Kunst überhaupt formulieren kann. Meditation, healing, transformation, die Veränderung des eigenen Körpers erfühlen, sich Zeit dafür lassen. Warum nicht die Produktivität eines gemeinsamen Traumes erleben, eine Erweiterung der Sinneswahrnehmung erproben, reflektieren, was da mit einem passiert? Vor allem: Empathie.

Die junge usbekische Künstlerin Saodat Ismailova beispielsweise öffnet im ersten Raum mit ihrer poetischen Videoinstallation „Zukhra“ den Blick für eine zentralasiatische Frauen -Legende, für die Besucher*innen stehen Matten zum Verbleib bereit. „Bet(a) Bodies“ entführt in Klangkosmen von Delfinen und Fröschen, die man mit einer aufgeschnallten „Gebärmutter“ erfühlen kann. Suzan Boogaerdt und Bianca van der Schoot haben mit „Echo’s Chamber“ einen Saal mit riesigen weißen Stoffgöttern gefüllt, die teilweise ohrenbetäubende Klänge hervorbringen. Klangperformances werden dazu in einem Beduinenzelt extra zelebriert.

Das ist dann tatsächlich das „Theater der Welt“. Darauf kann man sich wirklich nur freuen.

Am 8. Juli bleibt auf persönlichen Wunsch von Chiaki Soma das Museum die ganze Nacht geöffnet, und natürlich wird das ein ganz besonderes Erlebnis sein.

as / Foto: Zukhra © Carlos Casas
Vollständiges Programm unter www.theaterderwelt.de

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