Theaterhaus Frankfurt macht aus Yumotos Roman »Eine Schublade voller Briefe« ein Stück für Heranwachsende

Es gibt ein großes Geheimnis in dieser Theateradaption des Jugendromans »Eine Schublade voller Briefe« der Japanerin Kazumi Yumoto, die im Theaterhaus Frankfurt vom 7. Februar an Kinder ab dem Alter von neun Jahren (4. Klasse bis Oberstufe) ansprechen will. Erzählt wird darin, wie es der siebenjährigen Chiaki gelingt, den plötzlichen Unfalltod ihres Vaters akzeptieren und überwinden zu lernen. Und wie es dazu kommt, dass auch ihr seither sehr gestörtes Verhältnis mit der Mutter sich glättet. Literaturkritiker zeigen sich sehr beeindruckt davon, wie selbstverständlich und aufrecht die Autorin das ernste Thema des Verlustes eines nahe stehenden Menschen in der Kommunikation mit Kindern behandelt.
Chiaki muss mit ihrer still und nach dem Tod des Vaters schweigsam gewordenen Mutter nicht nur umziehen, sondern auch damit umgehen, dass diese eine Arbeit aufnehmen muss. Im neuen Heim, dem Pappelhaus, wird Frau Yamaki, die Vermieterin, zum einzigen Mensch, der dem traumatisierten Kind wirklich Aufmerksamkeit schenkt. Mehr noch: Die zunächst skeptisch beäugte alte Dame gewinnt ihr Vertrauen und ermutigt die junge Hausbewohnerin, ihrem Vater doch einen Brief zu schreiben. Und sie verrät dem verdutzten Mädchen, dass sie selbst die Postbotin an die Toten sei. Sie werde, wenn sie sterbe, Chiakis Briefe überreichen, was freilich erst geschehe, wenn die Schublade voll ist. Ein bisschen unsicher, aber mit jedem Brief, den sie nun an ihren Vater schreibt, fühlt sich das Mädchen besser und bald mit dem vermissten Vater versöhnt.
Die einfühlsame Begegnung und entstehende Freundschaft Chiakis mit Frau Yamaki hat Regisseur Sandro Pedilarco zwei Wochen vor der Premiere mit den beiden Schauspielerinnen Myriam Baur als Chiaki und Katrin Schyns in den Erwachsenenrollen als Szenenkostprobe für Pädagogen gezeigt. Auf der von vier beweglichen Paravents gerahmten Bühne Pedilarcos vermitteln dezent eingesetzte japanische Elemente in der Kleidung, der Musik oder in Schattenspielen sowie eine atmosphärische Dichte, der sich – toi, toi, toi – wohl auch keiner der angesprochenen Schüler entziehen wollen wird, zumal auch das genaue Alter der jungen Protagonistin auf der Bühne recht offen bleibt.
Gleichwohl darf man gespannt sein, wie sich die Vielschichtigkeit des als Rückschau einer erwachsen gewordenen Chiaki konzipierten Romans, der noch sehr viel mehr zu erzählen hat, in eine komprimierte einstündige Vorstellung bändigen lässt. Soviel allein steht fest: Für den ehemaligen Grüne-Soße-Assistenten Pedolarci und sein Theaterprojekt petrosanto wird »Eine Schublade voller Briefe« die erste eigenständige Regiearbeit sein.

Winnie Geipert (Foto: © teatrosanto)
Termine: 7. Februar 19 Uhr, 11. Februar 11 Uhr, 12. Februar 9 + 11 Uhr, 13. Februar 9 Uhr
www.theaterhaus-frankfurt.de

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