Nach Stanley Kubricks sehr freier Adaption »Eyes Wide Shut« hat sich jetzt der Berliner Produzent und Regisseur Florian Frerichs das berühmte Buch von Arthur Schnitzler vorgenommen. In seiner »Traumnovelle« sind aus Fridolin und Albertine die Eheleute Jakob (Nikolai Kinski) und Amelia (Laurine Price) geworden. Schauplatz ist nicht mehr Wien, sondern das verruchte nächtliche Berlin.
Frerichs kommt gleich zur Sache. Ohne Umschweife reden beide Protagonisten vom Ficken. Das gehe ja zwischen ihnen recht gut, aber Amelia denke dabei an einen anderen Mann. Und habe Jakob nicht den Wunsch, es einmal mit einer anderen Frau zu versuchen, oder werde er ihr treu bleiben? Also Fragen, die in vielen Ehen einmal auftauchen, werden ausgewalzt und als ausweglos empfunden. Im Grunde wünschen sich beide, aus dem Familienalltag – sie haben auch einen kleinen Sohn – auszubrechen.
Wie Schnitzler ist Jakob Arzt. Er wird zu einem Patienten gerufen, zu dem schon der Notarzt unterwegs ist. Dort angekommen, erfährt er vom Tod seines Patienten und bekommt noch von dessen Tochter eine gruselige Geschichte erzählt und einen Annäherungsversuch geboten. Nachdenklich verlässt er sie.
Vermutlich weil er die Fortsetzung des Gesprächs mit seiner Frau fürchtet, sieht er davon ab, wieder nach Hause zu fahren. Seine Reise durch die Berliner Unterwelt wird zum Kernstück des Films. In einem der zwielichtigen Lokale trifft er seinen alten Freund Nachtigall (Bruno Eyron), der ihm das Kennwort Verdi für eine geheime Versammlung gibt. Von dem undurchsichtigen Fetisch-Händler Gibiser (Detlev Buck) leiht er sich Maske und Umhang. Die sado-masochistischen Vorgänge in einer alten, anscheinend verlassenen Villa erschrecken ihn zutiefst. Er wird hinausgeworfen und landet, nachdem er allen sexuellen Versuchungen entronnen ist, im nunmehr sicheren (?) Ehehafen. Am Ende besuchen die Eheleute mit ihrem Jungen eine Vorstellung von Verdis »Maskenball« (Musik daraus wechselt mit modernem Beat und dunkler Spannungsmusik von Tuomas Kantelinen). Charaktermasken gehören auch zu den Großbürgern, will uns der Film sagen.
Doch von Schnitzlers Seelenschau bleibt eine albtraumhafte Modenschau mit mehr oder weniger aufreizender Dessous auf jungen Frauenkörpern übrig. Der Film feiert die Dekadenz ausführlich. Für tiefere psychologische Einsichten sei die Lektüre des Buches empfohlen.