Es ist untrüglich ein Bembel, der in der Aufführung von Heinrich von Kleists »Der zerbrochene Krug« in der Katakombe für das titelgebende Gefäß herhalten muss. Abseits dieser lokalen Note wird dem als Lustspiel deklarierten Klassiker aus dem Jahr 1808 unter der Regie von Carola Moritz das Komödiantische zwar nicht ausgetrieben, doch ziemlich zurechtgerückt. Es ist auch ein Krimi geworden über Machtmissbrauch, sexuelle Nötigung und Korruption, der im Ablauf ganz der Vorlage folgt und dank der Typik seiner Figuren und der herrlich verschachtelten Sprache des Autors jede Freude macht – auf ein glückliches Ende aber verzichtet.
Moritz lässt das Stück ganz texttreu in Dorfrichters Adams Schlafzimmer beginnen, das wenig später durch simples Verrücken des Mobiliars (Bühne und Ausstattung: Friedrich-Wilhelm Gärtner) zu dem Gerichtssaal wird, indem das Gros der Handlung spielt. Der fließende Übergang soll, so das in jeder Hinsicht hilfreiche Programm, die heute nicht mehr gegebene Trennung von privat und öffentlich unterstreichen. Ein recht verborgener Aspekt ist das, ganz anders als der sich aus der heutigen Kleidung der Darsteller ergebende Hinweis auf die ungebrochenen patriarchalen Strukturen der Gesellschaft.
Gespielt aber werden die von Kleist erdachten Vorgänge zu Huisum aus dem Jahr 1685, wo der selbstherrliche Dorfrichter Adam in einem scheinbar harmlosen Fall mit allen Mitteln versucht, sein dabei immer deutlicher zu Tage tretendes eigenes Vergehen, das wir hier mal als bekannt voraussetzen, zu vertuschen. Dumm allein, dass just an diesem Tag ein hoher Gerichtsratsrat die örtliche Rechtsprechung inspiziert und Schritt für Schritt Licht ins Dunkel bringt. Aber nicht zwingend das Recht. Schon Kleist deutet in der »Variant«-Fassung seines Werks an, dass es unter Männern keine zwei Meinungen über guten Wein und Kavaliersdelikte gibt, und der überführte Adam der Jurisprudenz erhalten bleibt.
Carola Moritz hat dafür einen frappierenden Schluss gefunden, der zu reichlich Diskussionen in den Schulklassen führen sollte, für die das Stück, Abiturstoff zumal, wesentlich aufbereitet ist. Angeführt von dem im Emil-Jannings-Stil auftrumpfenden verschlagenen Adam von Jochen Nötzelmann-Stahl sorgt ein spielfreudiges Ensemble mit Judith Speckmaier (Marthe Rull), Pia Louise Jahn (Eve), Leonard Schärf (Ruprecht), Jürgen Knittl (Schreiber Licht) und Christopher Gérard Stein (Gerichtsrat Walter) in den tragenden Rollen für eine jeden Besuch lohnende Doppelstunde.