Zum Auftakt ein Albtraum: Das Staatstheater Darmstadt aktualisiert Orwells »1984«

Ganz schön dreist? Auf jeden Fall hat es was, wenn das Darmstädter Staatstheater seine unter das Banner »Schön geträumt?« gestellte Spielzeit 2023/24 mit einem gesellschaftlichen Albtraum eröffnet. George Orwells schon 1948 verfasster Roman »1984« zeichnet schließlich fern von schönen Träumen nicht nur das Horrorszenario eines totalitären Überwachungsstaates, sondern – erschreckender noch, in der Rebellionsgeschichte seiner Protagonisten Winston und Julia – die Aussichtslosigkeit des Widerstands dagegen. Es war denn auch wohl die Absicht des zuvor schon (1945) mit der Stalinismus-Parabel »Animal Farm« vor gesellschaftlichen Fehlentwicklungen warnenden Autors, seine Leserschaft aufzurütteln.
Selbst wenn Orwells Dystopie 75 Jahre nach dem Erscheinen des Werks in vielen Bereichen längst eingeholt oder auch überholt worden ist, hat sie kein bisschen an Brisanz verloren. Im Gegenteil, sind doch Orwells Visionen etwa von der Funktion des Wahrheitsministeriums, für das der Protagonist Winston arbeitet, erschreckend aktuell. Es bedarf keiner großen Phantasie, die Indoktrinierung der Öffentlichkeit mittels linguistischer Techniken wie Doublethink (»Krieg ist Frieden«) und das alles vereinfachende Neusprech mit der Fake-News-Szenerie von heute zu vergleichen.
Für das Darmstädter Staatstheater hat Kristo Sagor die Orwell’sche Vorlage dramatisiert und überarbeitet. Der als Autor besonders im Bereich des Kinder- und Jugendtheaters (»Patricks Trick«) schon ausgezeichnete Theatermacher hat zuletzt in Darmstadt nach einer Horvath-Vorlage das Stück »Jugend ohne Chor« verfasst und auch selbst inszeniert. Die Regie in den Kammerspielen, die wohl noch ein weiteres Umbaujahr die Hauptspielstätte der Theatersparte bleiben, ist Jörg Wesemüller, dem Leiter des Jungen Theaters Braunschweig, anvertraut. Auf der Bühne sind Karin Klein, Thorsten Loeb, Sebastian Schulze und Jasmin-Nevin Varul in Aktion.

Foto: Außenansicht Staatstheater Darmstadt
© Lottermann and Fuentes
Termine: 22., 30. September, jeweils 19.30 Uhr
www.staatstheater-darmstadt.de

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