Es ist noch lang, lang hin, bis es in Frankfurt ein Kinder- und Jugendtheater am Zoo geben wird, über dessen politisch-wirtschaftlichen Wäg- und Unwägbarkeiten wir im Juni-Strandgut berichtet haben. Realisiert wird auf jeden Fall der Testlauf für das städtische Wunschprojekt durch die Junge Theaterwerkstatt. Und der nimmt nach einstimmenden Workshop-Tagen zu Ostern und kürzlich im August am 14. September richtig Fahrt auf mit einem ersten von vier über das Jahr geplanten und als »Hotspots« bezeichneten Spielblöcken in den Räumlichkeiten des einstigen Fritz-Rémond-Theaters.
Und gestartet wird, wie es sich gehört, mit einem Fest. Für Menschen jeden Alters öffnen sich dann die Türen des Hauses, das nicht nur Treff und Spielplatz werden soll für das junge Frankfurt, sondern auch Gast-Stätte für Gruppen aus aller (Theater)Welt. Ab 14 Uhr gibt es Limo, Sekt und Popcorn (warum denn das?) sowie Mitmachangebote im Foyer und auf der Terrasse. Gut möglich, dass man dabei dem wandelnden One Man Zoo von Ariel Doron begegnet, einem sogenannten Walk-Act, mit dem der in Deutschland lebende israelische Puppenspieler und Regisseur am passenden Ort ein sehr konkretes Beispiel der friedlichsten Koexistenz von Mensch und Tier gibt, krabbeln, kriechen und schlängeln sich doch alle möglichen Spezies der Tierwelt aus seinem Körper, inklusive einem sein eigenes überragenden Giraffenhaupt. Völlig unklar, wer in diesem Gewimmel und Geflatter und Gewurmel das Sagen hat. Zwischendrin (ca. 15.30 Uhr) wird es mit Ansprachen ein bisschen offiziell.
Um 17 Uhr sind dann »Grote Mensen« zu sehen, wofür es allerdings Tickets braucht. Die aberwitzige Horrorkomödie der aus Brüssel kommenden compagnie barbarie und Theater Bronks ist für Menschen ab vier Jahren und nimmt das groteske Verhalten der Erwachsenen unter die Lupe. Wer die weltweit gefeierte Show verpasst oder keinen Platz bekommt, kann das auch am Sonntag oder Montag (15. und 16. September) nachholen.
Von Donnerstag (19.) an tritt für einen Morgen und zwei Abende die Berliner Theatergruppe KMZ (Kollektiv mit Zucker) mit »Fünf Exponate« auf. Das multinationale Ensemble geht dabei hart mit dem berühmten deutschen Forscher und Entdecker Alexander von Humboldt ins Gericht, der im 18. Jahrhundert Südamerika neu entdeckte – und sich im Namen der Wissenschaft nach Gusto an den vorgefunden kulturellen Schätzen bediente. »Bei Personen aus gutem Haus, heißt es sammeln, bei denen mit schlechter Herkunft stehlen«, lautet die Lehre aus der Beschäftigung mit fünf musealen Ausstellungsobjekten aus Südamerika. Was es mit den Kartoffeln und dem Gips in dem den Kolonialismus und seine Folgen behandelnden Stück auf sich hat, verraten wir hier aber nicht
Den künstlerischen Schlussgong der ersten Etappe am Zoo setzen die Frankfurter Faust-Preisträgerinnen Pinsker+Bernhardt mit ihrer Performance »Tragic Magic Today oder Was machen Schnecken, wenn sie sich erschrecken«. Sie handelt davon, wie man damit positiv umgehen kann, dass die Welt in ständiger Veränderung ist, auch wenn man manchmal möchte, dass alles so bleibt, wie es ist, ganz egal in welchem Alter.
Doch es wird nicht nur konsumiert auf der Startrampe zum ersten Kinder- und Jugendtheater der Stadt. Im Werkstatt Watch Club kann man nach den Vorstellungen von »Grote Mensen« und »Fünf Exponate« mit den Theatermachern über ihre Stücke und Arbeit diskutieren. Wer selbst kreativ werden und Leute kennenlernen will, denen es ebenso geht, ist von nun an grundsätzlich montags im Offenen Haus der Werkstatt willkommen: Und von allem etwas inklusive Kaffee und Kuchen gibt es am zweiten Sonntag, dem Familientag, von 10–17 Uhr, der auch Bestandteil der künftigen Hotspots sein wird.
Überdies sind zwei Denkwerkstätten für Interessierte angesetzt. Die Denkwerkstatt »Futter für Veränderung« (21. September, 11 Uhr) geht mit Experten auf die Fragestellungen der Stücke »Tragic Magic Today« und »Fünf Exponate « ein und stellt dabei konkrete Wege von Veränderung in den Bereichen Nahrung und Transformationen vor. Das große Ganze eines künftigen Kinder- und Jugendtheaters steht in der Denkwerkstatt »Theater der Zukunft« (15. September, 11 Uhr) am Beispiel von vergleichbaren Projekten aus vier verschiedenen Städten zur Debatte. Eine Diskussion, die durch die Erfahrungen dieses ersten Hotspots bereichert, vielleicht besser zu dessen Ausklang platziert wäre. Wichtiger freilich, dass sie stattfindet.