Jedem Cineasten leuchten die Augen, wenn man ihn auf den neorealismo anspricht, jeder ganz spezifischen Bild-und Filmsprache, mit dem sich das Kino Italiens in der Nachkriegszeit derart eindrucksvoll neu erfand, dass sich dessen Fama bis heute hält. Der junge Vittorio De Sica schuf im Jahr 1948 mit »Fahrraddiebe« das wohl poetischste, politischste und beeindruckendste filmische Fanal, dem so viele weitere folgen sollten. Nicht nur das gesellschaftskritisch-politische Konzept, auch die »arme« Formensprache – Laienschauspieler*innen, Dreh in Schwarz-Weiß – setzten Meilensteine in der internationalen Filmkunst. Ikonen wie Pier Paolo Pasolini, Roberto Rosselini, die junge Sophia Loren, Ingrid Bergman, Silvana Mangano und vor allem Anna Magnani bevölkerten diesen ganz besonderen Kosmos.
Neorealismo – den gibt es auch in der italienischen Fotografie. Dessen wichtigstem Vertreter Pietro Donzelli widmet die Kunststiftung DZ Bank jetzt aus Anlass der Buchmesse, dessen Gastland in diesem Jahr Italien ist, eine kleine, sehr feine Schau. Er inszeniere unvergleichlich das »Licht der Einsamkeit« bescheinigten ihm Kritiker. Seine atmosphärisch-melancholische Serie »Aria di Napoli«, die zwischen 1948 und 1952 entstand, porträtiert die Stadt in vielen verschiedenen Aspekten, unter denen stets eine einzigartige Archaik durchschimmert. Sie wird nun im Kabinett zu sehen sein.